In den Beratungsgesprächen, die ich mit Fotografinnen und Fotografen führe, begegnen mir immer wieder die gleichen Vorstellungen als schwer erschütterliche Gewissheiten. Fünf habe ich nachfolgend aufgeführt.
1. Ein eigenes Fotostudio zu haben wirkt seriös.
Speziell Berufswechsler unterliegen dem Glauben, das Einrichten eines Studios mache aus ihnen einen „richtigen“ Fotografen. Lust auf ein Studio zu haben, ist nur zu verständlich. Leider stehen die Kosten in keiner vernünftigen Relation zum Nutzen. Tipp: Wenn Sie einen Arbeitsraum benötigen, mieten Sie sich einen Büroraum an, eventuell in einer Bürogemeinschaft. Der ist günstiger und setzt Sie nicht so unter Druck, im Studio zu fotografieren. (Was eigentlich?)
2. Die digitale Mittelformatkamera muss sein.
Noch so eine Methode, sich zu verschulden. Es mag das Selbstbewusstsein stärken, eine Hasselblad zu besitzen. Aber die Kamera ist schwer, langsam und teuer. Für was genau brauchen Sie die wirklich? Tipp: Wenn Sie denken, die Kunden nehmen Sie nur mit Hasselblad ernst, dann posen Sie mit einer aus dem Rent für das Profilfoto auf Ihrer Website. Das erfüllt den gleichen Zweck und Sie können nachts ruhig schlafen.
3. Man fängt am besten mit Hochzeiten an, und arbeitet sich dann zur Businessfotografie hoch.
Privatkunden und Businesskunden sind zwei Welten mit eigenen Regeln und Erfahrungen, die man jeweils machen muss. Hochzeiten können als Einkommensquelle funktionieren, wenn man gut ist und sich wirklich engagiert. Vom Privatkundengeschäft rate ich ansonsten ab. Tipp: Überlegen Sie, wie viele private Porträtkunden im Monat kommen müssten, um einen Umsatz von mindestens 3.000 Euro zu erzielen (bei 150 Euro pro Auftrag sind das 20 Kunden!) und ob das realistisch ist.
4. Man braucht ein vielseitiges Portfolio, um sich als Fotograf/in vorzustellen.
Fotografen meinen zeigen zu müssen, dass sie alles können, was ein Kunde potenziell verlangen könnte – und packen das, was alle anderen auch so ähnlich zeigen, in eine feine Ledermappe. Besser wäre es, an einer Serie zu arbeiten, die wirklich außergewöhnlich ist und die bei den Betrachtern in Erinnerung bleibt. Der fotografierende Universalist ist out, der kreative Experte gefragt.
5. Man lernt Models kennen und verdient viel Geld mit wenig Arbeit.
In dieser Legende steckt ein Körnchen (historische!) Wahrheit. Es gibt auch Leute, die den Lotto-Jackpot gewinnen. Die Chance steht bei 1 zu 140 Millionen. Der Beruf des Fotografen ist schön, aber das Einkommen unsicher und ohne extrem viel Arbeit geht als Selbstständiger ohnehin gar nichts. Tipp: Wer in oder nach einer Anstellung darüber nachdenkt, in die Fotografie zu wechseln, sollte sich diese vorzugsweise als Hobby bewahren und zur Sicherung des Lebensstandards nach einer festen Tätigkeit Ausschau halten.
Ihre Begeisterung für die Fotografie möchte ich damit nicht schmälern, aber Sie wissen ja: Illusionen zahlen Ihnen auch 2015 nicht die Miete. Erfolgreich sind Sie als Person und durch das, was Sie zu sagen oder zu zeigen haben. Folgen Sie also nicht vermeintlich bewährten Berufsregeln; seien Sie individuell und bieten Sie kreative Lösungen an.
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