Beinahe hätte ich mir eine neue Tasche für meine Ausrüstung gekauft, mit der sich die SLR-Brocken angeblich leichter transportieren lassen. Dann bemerkte ich, dass der Rucksack leer schon zusätzlich gut ein Kilo wiegen würde. Und mit mehr als vier Kilo Ausrüstung sollte ich täglich rund fünf Stunden durch Japan laufen? Hatte ich nicht schon im vergangenen Jahr beschlossen: Nie wieder?
Schließlich macht man unterwegs nur Reisefotos! Und davon taugen mindestens neunzig Prozent zu nichts Ernsthaftem. Nun denken Sie: „Bei der vielleicht“ oder „Ja, wie? Ich fotografiere doch nur im Urlaub“. Schlimm genug! Wer nicht zu Hause fotografiert, sondern lediglich, wenn er verreist, weiß nicht, was er/sie verpasst. Auf jeden Fall natürlich, „richtige“ Fotos zu machen.
Wobei man grundsätzlich scharf unterscheiden muss zwischen den Wenigen, die mit einem klaren Plan oder Auftrag verreisen, um zu fotografieren, und jener Masse, die sich in der Welt rumtreibt, und dabei Fotos macht. Zu was sollen die gut sein, außer sie im Bekanntenkreis zu zeigen? Und wenn das so ist, brauche ich dafür eine Spiegelreflexausrüstung? Oder gar eine SLR-Kamera mit Vollformatsensor? Das RAW-Format nebst Notebook zum Speichern der Dateien? Damit ich die Fotos anschließend auf 72 dpi runterrechnen kann, um sie übers Internet zu verschicken oder auf eine Webseite zu stellen? Was für ein leer laufender Aufwand!
Ich bin einerseits vernünftig und andererseits kein Muli. Folglich musste eine leichte Kamera her. Da empfiehlt der eine dies, und der andere das. Drei Wochen lang konnte ich mich nicht entscheiden, und habe nicht nur Einträge in Foren gelesen, sondern auch Anwendungsvideos auf YouTube angesehen. Ist schon toll, wie umfangreich die Infos sind, die man zur Verfügung hat.
Ein Mann-Frau-Ding
Um es kurz zu machen, es konzentrierte sich dann auf ein Duell zwischen der Canon G 10 und der Lumix DMC-LX3. Da ich die Infos im Internet ja bestens kenne, nenne ich hier nur die Punkte, die ich nirgendwo erwähnt fand. Ich war sicher, die Canon G10 zu wollen, wegen des Suchers. Bis ich in der realen Welt eines Fotoladens feststellte, dass das ja nur ein Loch ist, mit einer saftigen Parallaxenverschiebung. Auf ein Display zu schauen, das ich nicht einmal vernünftig gerade halten, und bei Sonne ohnehin nicht erkennen kann, schien mir keine überzeugende Aussicht. Vor allem, weil man sich ja stets daran erinnern muss, den Mund zuzumachen, während man versucht, etwas zu erkennen. Dann sah ich jedoch ein, dass sich diese unelegante Kamerahaltung zukünftig nicht mehr wird vermeiden lassen. (Eine kleinere, leichtere SLR zu kaufen, wäre mir albern vorgekommen, da ich eine ausgewachsene schon habe.)
Es wurde die Lumix LX3, wegen des geringen Gewichts, vor allem aber wegen des Objektivs, Leica DC Vario-Summicron 2,0-2,8/24-60 mm (entspr. Kleinbild). Die Lichtstärke ist unterwegs das reine Vergnügen! Zudem sieht die LX3 aus wie eine Kamera, wenn auch wie eine geschrumpfte. Es gibt ein paar Hebelchen, die sich, wenn die Kamera in der Tasche ist, schon mal verstellen. Beim Geradehalten hilft ein Gitternetz, das man sich auf dem Display anzeigen lassen kann. Das einzige Manko ist die äußerst kurze Brennweite. Das macht auch die Funktion der Blendenvorwahl obsolet, schließlich ist auch bei offener Blende alles scharf abgebildet – es sei denn, man geht makromäßig nah ran. Es gibt auch eine merkliche (und gelegentlich nervige) Auslöseverzögerung, aber die hat die G 10 ebenso. Im Grunde ist das Duell so ein Mann-Frau-Ding: Die Canon ist wuchtiger und fast doppelt so gewichtig, da kommt man mit seinen ungelenken Fingern nicht versehentlich auf die AF-Lock-Taste wie bei der Lumix. Für die zarten Hände ernsthafter Fotoenthusiastinnen hingegen ist die Lumix die ideale Zweitkamera. Diese hat leider einen Objektivdeckel statt einer Lamelle, was optisch ganz schön aussieht, aber total unpraktisch ist. Mich wundert, dass ich den Deckel unterwegs nicht verloren habe; geradezu rituell gesucht habe ich ihn in den jeweiligen Jacken- und Hosentaschen auf Tempelterrassen wie an U-Bahn-Stationen. Gekauft habe ich die Kamera im Set mit einem No-Name-Ersatzakku (Wert vermutlich unter 5 Euro), und obwohl ich stets denke, bei der regulären Ware zahlt man hauptsächlich den Aufdruck des Markennamens, musste ich feststellen, dass das Billigteil nicht einmal halb so lange Saft hatte wie der Original-Akku. Gereicht hat es mir für den Tag trotzdem, denn ich hatte immer beide Akkus dabei.
Leckere Details
An schönen Spielereien bringt die Lumix LX3 das Laufbild sowieso mit, aber auch Fotos mit Ton (wobei ich bisher nicht recherchiert habe, wie man den außerhalb der Kamera abspielen kann). Oft und gerne genutzt habe ich aus der umfangreichen Palette von Sondereinstellungen das Speiseprogramm (Sushi!) sowie die Autofokus-Einstellung für den Nahbereich (Kirschblüten!). Freundlicherweise nimmt die LX3 auch keine Fehleinstellung übel, sondern denkt mit. Wenn man beim ersten Tempelgarten feststellt, dass man die letzten drei Fotos mit dem Speisenprogramm vom Mittagessen gemacht hat – kein Problem. Man merkt es daran, dass der Autofokus erst einmal im Nahbereich forscht, und wenn da nichts Essbares rumliegt, auf den Teichgarten scharfstellt. Der wirkt dann etwas appetitlicher in den Farben als normal.
Zu ganz großer Form läuft die kleine Kamera auf, wenn andere versagen. Beispielsweise kann man mit der kurzen Brennweite auch noch in japanischen Hotelzimmern – ach, was sage ich – in den engen japanischen Badkabinen in Hotelzimmern Aufnahmen machen! Selbst in den dunkelsten Tempelecken kann man fotografieren, ohne dass es zu nennenswertem Bildrauschen kommt. Aber richtig sensationell sind die Nachtaufnahmen. Aus der Hand! Das Stativ habe ich nicht ein einziges Mal ausgepackt. Bei der nächsten Reise lasse ich es zu Hause. Die Belichtungszeit habe ich in der vorzüglichen Programmautomatik vorsorglich auf 1/15 begrenzt. So einfach habe ich noch nie abends draußen fotografiert. Keine automatische Belichtung auf den mittleren Grauwert, sondern knackige Nachtszenen. Am meisten gereut hat mich, dass ich abends zu müde war, um mehr davon zu profitieren.
Ich schreibe über Reisefotos, wohlgemerkt. Fotos, die man aus Spaß macht und nicht, um damit Geld zu verdienen. Um besondere Fotos zu machen, muss man sich konzentrieren (also ohne Familie unterwegs sein), viel Zeit investieren, ein Konzept oder einen Auftrag haben, und sich auf die Situation des Fotografierens einlassen, statt nur im Vorübergehen zu knipsen. Wenn man das vorhat, dann soll man auch, wie Roger Richter, eine 30-Kilo-Ausrüstung im Monsun durch Bangladesch tragen. Mit haben die etwa 250 Gramm der Lumix DMC-LX3 im immer gerne auch mal regnerischen Japan für schöne Reisefotos und viel Fotospaß völlig ausgereicht.