Die Buchbranche traf sich zur Buchmesse in Frankfurt am Main und wie in jedem Jahr begab ich mich auch in diesem wieder auf die Suche nach interessanten Fotobüchern. Das Elend beginnt schon damit, dass kaum noch ausländische Fotobuchverlage zur Buchmesse anreisen, oder, wie Nazraeli Press, keinen deutschen Vertriebspartner mehr haben, der ihre Bücher mit auf die Messe nimmt.
Ob Größe hilft? Kalender scheinen immer größer zu werden, obwohl es doch sonst heißt, die Leute hätten keine freien Wandflächen. Und im XXL-Format gibt es nun auch bei teNeues ein Fotobuch von Elliott Erwitt, das eher wie ein Möbel daherkommt, denn wie ein Bildband. Ins Regal paßt es nicht und man fragt sich, wer das wohl wo unterbringen wird. Es kostet 750 Euro ohne und 1750,00 Euro mit beigelegtem Print. Der ist mittels eines Aufklebers signiert. (Gibt es Aufkleber mit säurefreiem Kleber? Oder schlägt der irgendwann durch?)
Auf betuchte Fans ausgerichtet ist auch die aufwendig gestaltete Ausgabe mit dem Lebenswerk von Joel Meyerowitz, Taking My Time, bei Phaidon (650,00 Euro). Wenn man je Ermunterung und Ermutigung braucht, dann muss man sich nur vom Enthusiasmus anstecken lassen, den Meyerowitz ausstrahlt. „Der kann einen Toten für die Fotografie begeistern“, heißt es ganz zu recht in einem Kommentar zu einem Video.
Wo wir gerade bei den Nobelausgaben der zeitgenössischen Klassiker sind: Am Stand von Steidl habe ich das Bangkok-Buch von Andreas Gursky durchgeblättert, das wirklich sehr schön produziert ist und nur 24,80 Euro kostet. Gleichwohl gilt natürlich, was ich in „Fotografie mit Leidenschaft“ geschrieben habe: Nicht nachmachen, das Fotografieren von Wasserspiegelungen geht nur bei Gursky als Kunst durch.
In der Reihe „Bücher, die die Welt nicht braucht, die sich aber als Geschenke und Staubfänger eignen“, gab es wieder viele Beispiele. Da sieht man den Neuerscheinungen jetzt schon an, dass sie bald remittiert werden und ins moderne Antiquariat wechseln. Auch wenn viele das Buch noch als Kulturgut achten, kann man im Geschiebe und Gedränge der Buchmesse leicht auf die Idee kommen, dass diese Zeiten endgültig vorbei sind. Eventcharakter und Non-Book dominieren die großen Buchläden und ebenso die Messe. Auch das E-Book, das den stationären Buchhandel, der Veranstalter der Messe ist, überflüssig macht, nimmt derweil großen Raum ein, während das traditionelle Messegeschäft kaum noch stattfindet. Der Buchhandel bestellt online und nicht mehr per Zettel auf der Messe und die Rechte werden auch nicht mehr ausschließlich im Oktober in Frankfurt gedealt.
Die Branche trifft sich und lamentiert über den Wandel. „Immer weniger Mitarbeiter verfügten über immer mehr Unwissen“, sagt Reinhold Joppich, Vertriebsleiter bei einem Kölner Verlag, so treffend. Eines der Ungleichgewichte besteht inzwischen darin, dass der Buchhandel immer noch einen Löwenanteil am Buchpreis erhält, obwohl er in vielen Fällen weder berät noch das Buch überhaupt vorrätig hält, sondern erst auf Kundenanforderung beim Verlag bestellt. So mancher möchte jedoch seinen stationären Buchhändler unterstützen, diese aussterbende Spezies. Nichts gegen den Buchhandel, aber als ein den Verkaufspreis knapp kalkulierender Kleinverleger hoffe ich immer, dass meine Leser direkt bei mir bestellen, weil jedes Buch über den Buchhandel eine Serviceleistung meinerseits ist, durch die sich der Zeitpunkt, bis ich allein die Herstellungskosten erwirtschaftet habe, wieder ein Stück nach hinten verschiebt. Oder, wie schon Stan und Ollie wußten: Profits go to the fish.