Statt sogenannter Sehenswürdigkeiten fotografiere ich auf Reisen lieber an kleinen oder größeren Themen oder Motivsträngen entlang. Sehe ich Fotografen, kann ich schon aus beruflichen Gründen nicht widerstehen, sie bei der Arbeit abzulichten. An den fotogenen Orten, an denen man sich als Reisender herumtreibt, trifft man naturgemäß in erster Linie auf Hochzeitsfotografen. So erging es mir kürzlich in Hanoi, wo ich im French Quarter das Hotel Metropole anschaute, und unversehens stand davor ein Brautpaar – und noch eines, und über die Straße kam schon das dritte. Noch nie habe ich so viele Brautpaare auf so engem Raum für Fotografen posieren sehen.
Beliebter Hintergrund ist vor allem ein Brunnen direkt neben dem Hotel, dann das Gästehaus der Regierung gegenüber, an dem Bräute wie angetackert am schmiedeeisernen Gitter klammerten. Je länger man das Treiben beobachtet, desto seltsamer kommt es einem vor. Die Bräute tragen unter den weißen Kleidern Leggings und zerren den Tüll über den Boden. Die Fotografen bemerken nicht, wenn der Bräutigam auf der Schleppe steht, so lange die Pose vorschriftsmäßig ausgeführt wird. Die Brautsträuße werden achtlos auf den Boden geworfen. Sie sind nicht echt.
Genausowenig wie die Brautpaare. Sie heiraten nämlich erst später und lassen Fotos anfertigen, die dann auf der Hochzeit ausgestellt und verschenkt werden. Ab und an habe ich schon Hochzeitsfotografen in der Beratung vorgeschlagen, mit Brautmodengeschäften zu kooperieren und die Anprobe zu fotografieren. Das hat dann nebenbei den Vorteil, dass die Kleider noch sauber aussehen, was in Hanoi keineswegs immer der Fall ist.
Die westliche Hochzeitskleidung wird vor romantischer Belle-Epoque-Kulisse fotografiert. Dann folgt ein Kostümwechsel in traditionelle vietnamesische Kleidung, die an Frauen ohne Oberschenkel ganz bezaubernd aussieht. Für die Männer bedeutet „traditionell“ anscheinend, das Jackett abzulegen. Hintergrund ist dann der Hoan Kiem See im Zentrum der Stadt, nur wenige Schritte von den anderen Hintergründen entfernt.
Da ich zur rechten Zeit am rechten Ort war, konnte ich das Geschehen an einem Samstagvormittag komplett verfolgen und bin am Sonntag noch einmal gezielt hingefahren, um weiter zu fotografieren. Das war, wie ich das in Asien kenne, ganz unkompliziert, was sicher auch daran lag, dass ich kaum einzelne Paare fotografieren wollte, sondern mehr das Spektakel als Ganzes, mir stundenlang Zeit genommen habe, und viel mit den Paaren und Fotografen einfach mitgegangen bin.
PS: Die Fotos entstanden am 16. und 17. Januar 2015, zwei Tage vor dem Rückflug ins kalte Deutschland.
Ich war im November da, und kann das bestätigen. Vietnam ist ein tolles Land zum Reisen und Hanoi hat mir besonders gut gefallen.
https://gambajo.wordpress.com/category/reisen/vietnam-2014/
Super schöner Bericht und sehr interessant. Vietnam steht ganz oben auf meiner Liste ;-). LG, der Ralf