Die Leidenschaft von Michel Campeau gilt der analogen Fotografie. Er re-konstruiert Fotografiegeschichte und Geschichten hinter Fotografien, berichtet von der Bildproduktion vor dem digitalen Rausch und von ihrem Weiterleben. Vom 13.07.–22.09. 2019 zeigt das Fotografie Forum Frankfurt das facettenreiche Prinzip des Künstlers aus Montreal. Besessen von der Fotografie – das ist Michel Campeau seit mehr als 40 Jahren. Zeit seines Schaffens hat der kanadische Künstler und Sammler (geboren 1948 in Montreal) das Medium Fotografie ergründet, hat die subjektiven und narrativen Aspekte der Arbeit vor und mit der Kamera untersucht. Campeau umkreist das Fotografieren mit großer Leidenschaft und immer neuen Fragen: Wie und warum fotografieren wir? Wie hat die Fotografie unseren Blick auf uns selbst beeinflusst? Was ist vom Analogen auch im digitalen Zeitalter noch aktuell und wirksam?
The Donkey That Became a Zebra: Darkroom Stories
präsentiert verschiedene Werkgruppen von Michel Campeau, die seine Passion und sein lebendiges Spiel mit der Fotografie vor Augen führen. Im Fokus der von Celina Lunsford kuratierten Ausstellung steht Campeaus oft augenzwinkerndes Prinzip: Er re-konstruiert Fotografiegeschichte und Geschichten hinter Fotografien, mit eigenen Bildern und mit denen anderer. Beispiel dafür ist die Serie „Rudolph Edse. An Unintentional Autobiography“. Bei einer seiner Online-Suchen nach Amateurfotografien konnte Michel Campeau den gesamten Fotonachlass des gebürtigen deutschen und 1945 in die USA emigrierten Raketenforschers Rudolph Edse erwerben. Privat hatte Edse sein Familienleben in der amerikanischen Vorstadt mit dem Fotoapparat festgehalten, in gekonnt komponierten und perfekte Idylle suggerierenden Bildern. 70 dieser Aufnahmen stellte Campeau neu zusammen – quasi zu einer alternativen Familienbiografie, wie sie nach seiner Vorstellung auch hätte verlaufen können. Ein Teil davon ist in Frankfurt zu sehen.
Michel Campeau: Gestures and Rituals of the Darkroom
Mit Herz und Seele der analogen Fotografie beschäftigt sich Michel Campeau in seinen Arbeiten über die Dunkelkammer. Seit 2003 reist der Künstler um die Welt, um die letzten „Transiträume“ fotografischer Schöpfung, wie er sie nennt, zu fotografieren und die unterschiedlichen Ausstattungen dieser mit der Digitalisierung entbehrlich gewordenen Werkstätten zu zeigen. Die Magie und den Rausch der Räume, in denen einst mithilfe von Chemikalien auf Silbergelatinepapier fotografische Meisterwerke entstanden, lässt Campeau wiedererstehen in seiner Serie „Gestures and Rituals of the Darkroom“.
Ähnlich einem Soziologen und zugleich als Künstler nähert sich Michel Campeau der von ihm so geschätzten analogen Fotografie. Aus immer neuen Blickwinkeln erzählt er von den technischen Möglichkeiten, vom Zauber, aber auch von der Willkür der Bildproduktion vor dem digitalen Rausch. In Zeiten von Fake News und Photoshop gibt er uns zu bedenken, dass es immer schon anders gewesen sein könnte, als die Bilder behaupten. So mag für ein Erinnerungsfoto aus einem Esel ein Zebra werden. Doch Campeau öffnet uns die Augen für diese ewige Illusion der Fotografie: „Nevertheless, an image is not reality, and a donkey is not a zebra.”
Text: Fotografie Forum Frankfurt, Video und Foto mit Michel Campeau: Martina Mettner