Was bringt eine Portfolio-Review?

13. Juli 2010
von Dr. Martina Mettner

Wollten Sie schon immer mal für Ihre Fotos gelobt werden? Dann gehen Sie bloß nicht zu einer Portfolio Review. Die sind nämlich wirklich nur für eisern Entschlossene sowie für Masochisten. Was der Fotograf so leicht vergisst: Die Reviewer sehen professionell Fotos an, sie sind entsprechend anspruchsvoll und schnell gelangweilt. Sie zu begeistern, ist schwerer als sich der Fotografierende das gemeinhin vorstellt.

Im Sommer ist Festivalzeit und die Branche trifft sich zum Fotos gucken unter südlichem Himmel in Madrid, Arles, Perpignan. Portfolio-Reviews werden hierzulande neuerdings zudem von Leuten angeboten, deren Qualifikation darin besteht, ein Fotoamateur zu sein, der schon mal irgendwo eine Ausstellung hatte und einen Volkshochschulkurs am Ort leitet. Man sollte sich vorher immer genau über die Tätigkeit und den Hintergrund des Reviewers informieren. Man sollte sich aber auch mit der Frage befassen, was man realistischerweise von der Bildbetrachtung erwarten kann.

In den Zeiten vor dem Internet waren Portfolio-Reviews eine wichtige Möglichkeit für Redakteure und Kuratoren, sich die Arbeiten von – meist jungen – Fotografen anzusehen. Dazu fuhren sie auf Festivals, setzten sich gemütlich irgendwo hin und die Fotografen standen Schlange. Das kostete die Fotografen nichts, brachte aber viel. Ich selbst habe die Portfolios des kompletten Jahres in den von mir geleiteten Fotomagazinen überwiegend mit Bildserien bestückt, die ich bei solchen Gelegenheiten gesehen hatte. Ab und an nutzte ich die Begegnung, mit dem Fotografen oder der Fotografin auch gleich noch ein Interview zu führen.

Portfolio Review auf Festivals

Wer heute noch Portfolios auf Festivals ansieht, sucht kein Bildmaterial, sagt in den seltensten Fällen eine Veröffentlichung zu. Auch wenn die Motivationen sicher unterschiedlich sind, muss man doch feststellen, dass heute das Dabeisein, Teil des Betriebs zu sein, eine viel größere Rolle spielt – vielleicht im einen oder anderen Fall auch das Honorar für die anstrengende Fließband-Tätigkeit. Denn statt informell im Schatten eines Hauses oder bei einem Pastis vor dem Bistro finden die Reviews nun organisiert statt, oftmals an langen Tischen und mit zu vielen Menschen im Raum.

Als Fotografin und Fotograf sollte man die Erwartungen nicht zu hoch stecken. Vielfach berichten mir Klienten, dass sie (bei deutschen Veranstaltungen) nicht einmal einen qualifizierten Kommentar erhielten, mehr eine Art missbilligendes Brummeln. Das hilft natürlich ungemein! Aber im Ernst: Was soll der Reviewer groß sagen? Um Ihnen ein ernsthaftes Feedback zu geben, reichen doch 20 oder auch 30 Minuten keinesfalls aus. Es sei denn, Sie wollten immer schon mal hören, dass man diese Art zu fotografieren nun aber schon reichlich oft gesehen habe. Oder Ihr Gegenüber empfiehlt, die Bilder umzusortieren. Auch super.
Fragen Sie auch bei negativer Kritik nach dem Foto, das ihm oder ihr am meisten zusagt, und versuchen Sie, so ins Gespräch darüber zu kommen, was Sie verbessern sollten.

Nicht blauäugig in die Provence reisen

Wenn das kostenpflichtige Betrachtenlassen der eigenen Arbeiten zum Schlag ins Wasser, wenn nicht ins Gesicht wird, liegt es oftmals an den Fotografen selbst. Viele sind nicht vorbereitet, haben kein Informationsmaterial über sich oder ihr Projekt dabei, oder haben sich nicht die Mühe gemacht, sich zuvor über den allgemeinen Leistungsstand zu informieren und zu überlegen, ob sie mit ihren fotografischen Arbeiten bereits reif für eine Review sind.

Wer seine Fotos auf Festivals im Ausland zeigt, sollte in der Lage sein, sein Projekt, seine Absichten, seine Pläne zu erläutern – mindestens auf englisch, womöglich auch französisch oder spanisch, je nach Land. Viele können das nicht einmal in ihrer Muttersprache. Kommt man bereits Zuhause ins Stottern, wenn man erläutern soll, was man fotografiert hat, ist man sicher nicht reif, seine Arbeit professionellen Bildbetrachtern zu zeigen. Hat man den Gedanken, sich bei solchen Events zu präsentieren, ist angeraten, erst einmal hinzufahren, um sich anzusehen, wie dort der Betrieb läuft, sich genau zu überlegen, was man erreichen möchte, wenn man die Arbeiten wem zeigt, und dann im nächsten Jahr mit einem guten Plan wiederzukommen – und mit Fotos, die alle umhauen.

Sören
14. Juli 2010

Die ersten zwei Zeilen bringen es herrlich auf den Punkt, der dritte Satz mich herzlich zum Lachen. Es drängt sich v.a. dem unerfahrenen Fotografen bei Portfolio-Reviews schnell der Gedanke auf, es allen Recht machen zu müssen. Meiner Meinung nach ist dies das mit größte Hindernis, ambitionierter Fotograf zu sein (und zu bleiben).
Nichtsdestotrotz darf man nicht vergessen, dass Reviewer, ähnlich wie z.B. Literaturkritiker, i.A. nur eine Einzelmeinung vertreten – sei diese nun kompetent oder nicht. Dem respektenvollen Umgang sollte das keinen Abbruch tun.
Moon
14. Juli 2010

Meine Erfahrungen bei solchen Reviews waren bisher positiv. Allerdings, stimmt es, dass man nicht zu viel erwarten sollte. In meinem Fall folgten Einladungen zu namenhaften Redaktionen in Hamburg und eine Publikation in einem prof. Fachmagazin. Konkrete Jobs, die bei einem Reviewing zustande kamen, keine. Ein Reviewing ist aber sehr gut, um zu lernen mit Kritik umzugehen und um zu überprüfen, ob man wirklich hinter seiner Arbeit steht. Mir persönlich geben solche Spiegelungen viel, weil ich mich verbessern möchte und da ist es wichtig zu wissen, ob beispielsweise ein Konzept aufgeht oder nicht und was man anders machen könnte, man bekommt auch eine Ahnung wo man mit seiner Bildsprache aktuell steht. Allerdings habe ich durch den Austausch mit anderen Fotografen einen Verdacht, dass diese Reviewings, für die zum Teil horrende Preise verlangt werden,tatsächlich nur zu einem Branchen-internen Happening mutieren, wo der Fotograf und seine Arbeit an sich zweitrangig sind… das „dabei sein ist alles“ bekommt da eine ganz andere Bedeutung. Mich würde interessieren, ob es bei Reviews im Ausland anders zugeht… .