Ai Weiwei: Interlacing

Ai Weiwei June 1994 (Juni 1994), 1994 C-Print, 117,5 x 152 cm © Ai Weiwei
Ai Weiwei June 1994 (Juni 1994), 1994 C-Print, 117,5 x 152 cm © Ai Weiwei

Die bis zum 21. August 2011 geöffnete, lange geplante Ausstellung im Fotomuseum Winterthur bei Zürich stellt den Kommunikator Ai Weiwei in den Vordergrund, den dokumentierenden, analysierenden, verflechtenden und über viele Kanäle kommunizierenden Künstler. Ai Weiwei hat bereits in seiner New Yorker Zeit fotografiert, vor allem aber seit seiner Rückkehr nach Peking unablässig die alltäglichen, städtebaulichen und gesellschaftlichen Realitäten in China dokumentiert und über Blogs und Twitter diskutiert. Die Fotografien des radikalen städtebaulichen Wandels, der Suche nach Erdbeben-Opfern, der Zerstörung seines Shanghai-Studios werden zusammen mit den fotografischen Projekten, dem Documenta-Projekt Fairytale, den unzähligen Blog- und Handy-Fotografien vorgestellt. Hier einige seiner schwarzweißen Fotoarbeiten:

Ai Weiwei Anton Wei. Lorimer Avenue Apartment, Brooklyn, 1983 Aus New York Photographs (New-York-Fotografien), 1983-1993 C-Print, 19,6 x 28,4 cm © Ai Weiwei
Ai Weiwei Anton Wei. Lorimer Avenue Apartment, Brooklyn, 1983 Aus New York Photographs (New-York-Fotografien), 1983-1993 C-Print, 19,6 x 28,4 cm © Ai Weiwei
Ai Weiwei 12/21/07, FAKE Design, Beijing Aus Blog Photographs (Blog-Fotografien), ca. 2005-2009 © Ai Weiwei
Ai Weiwei 12/21/07, FAKE Design, Beijing Aus Blog Photographs (Blog-Fotografien), ca. 2005-2009 © Ai Weiwei

Ai Weiwei wurde 1957 als Sohn des Dichters Ai Qing geboren. Nach einem Studium an der Beijing Film Academy gründete er 1978 mit anderen zusammen das Künstlerkollektiv „The Stars“, das sich gegen den sozialistischen Realismus auflehnte und sich für die künstlerische Individualität und das Experimentelle in der Kunst einsetzte. 1981 ging Ai Weiwei in die USA, 1983 nach New York, wo er an der Parsons School of Design beim Maler Sean Scully studierte. In New York entdeckte er Künstler wie Allen Ginsberg, Jasper Johns, Andy Warhol und vor allem Marcel Duchamp. Letzterer wurde wichtig für ihn, weil er Kunst als Teil des Lebens begriff. Es entstanden erste Readymades und Tausende von Fotografien, die seinen Aufenthalt und den seiner chinesischen Künstlerfreunde in New York dokumentieren.

Ai Weiwei Profile of Duchamp, Sunflower Seeds (Duchamps Profil, Sonnenblumenkerne), 1983 Aus New York Photographs (New-York-Fotografien), 1983-1993 C-Print, 20 x 28,5 cm © Ai Weiwei
Ai Weiwei Profile of Duchamp, Sunflower Seeds (Duchamps Profil, Sonnenblumenkerne), 1983 Aus New York Photographs (New-York-Fotografien), 1983-1993 C-Print, 20 x 28,5 cm © Ai Weiwei

Nachdem sein Vater erkrankte, kehrte Ai Weiwei 1993 nach Peking zurück. 1997 begründete er das China Art Archives & Warehouse (CAAW) mit und begann, sich auch mit Architektur auseinanderzusetzen. 1999 eröffnete Ai Weiwei ein eigenes Studio in Caochangdi, 2003 gründete er das Architekturstudio FAKE Design. Im selben Jahr war er zusammen mit den Schweizer Architekten Herzog & de Meuron massgeblich am Bau des Olympiastadions, des so genannten Bird’s Nest, beteiligt, das nach seiner Fertigstellung zum neuen Wahrzeichen Pekings wurde. 2007 reisten 1001 Chinesen und Chinesinnen auf seine Veranlassung hin zur Documenta 12 nach Kassel (Fairytale). 2010 verwunderte er die Welt mit seinem grossen, aber formal minimal angelegten Teppich aus Millionen von Sonnenblumenkernen bestehend aus handbemaltem Porzellan in der Tate Modern.

Ai Weiwei 6/1/08, Wenchuan, China Aus Blog Photographs (Blog-Fotografien), ca. 2005-2009 © Ai Weiwei
Ai Weiwei 6/1/08, Wenchuan, China Aus Blog Photographs (Blog-Fotografien), ca. 2005-2009 © Ai Weiwei

Weiter heißt es im Pressetext zur von Urs Stahel kuratierten Ausstellung: Der Künstler als Netzwerk, als Firma, als Aktivist, als politische Stimme, als soziales Gefäss, als Agent provocateur: Jede Gesellschaft auf dieser Welt braucht zu jeder Zeit, in der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft, singuläre, herausragende Figuren wie Ai Weiwei, um wach zu bleiben, um wach gerüttelt zu werden, um den eigenen Starrsinn zu erkennen und um die eigene Betriebsblindheit vermeiden zu können. Wir bedauern, dass die Fertigstellung dieses Projektes mit der Verhaftung von Ai Weiwei zusammenfällt, die wir aufs Äusserste missbilligen. Wir sind in grosser Sorge um den Künstler und wünschen, dass dieser grosse Denker, Gestalter und Kämpfer uns allen, besonders aber China, als widerständige öffentliche Stimme erhalten bleibt.
Nach dem Fotomuseum Winterthur wird die Ausstellung im Jeu de Paume in Paris gezeigt. Beim Deutschlandfunk kann man sich einen Beitrag über die Ausstellung anhören.