Annie Marie Musselman: Finding Trust

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Beim Critical Mass Wettbewerb 2010 fiel die Arbeit den Juroren auf und auch mir blieb sie im Gedächtnis. 2013 ist nun „Finding Trust“ als Buch erschienen. Annie Marie Musselman fotografierte über Jahre hinweg in einer Auffangstation für Wildtiere – nachdem sie zunächst die Dreckarbeit gemacht hatte, wie sie hier schreibt:

I struggled with this project in many ways. Most importantly, I had to get the dirty work done before I could take pictures. I cleaned cages, fed and intubated animals, cut meat, gave medications, etc. Usually, I keep my cameras close by in order to get a good shot. Gaining the trust of the amazing people I work with took time, but eventually they saw that my love for these animals was huge…that I was one of them. I struggled with harsh fluorescent lighting, limited time for pictures during moments of crisis with the animals, constant stress from sick and dying animals, all the while looking for moments to shoot the beauty around me.

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Musselmans Langzeitprojekt ist ein absolutes Musterbeispiel für diese Art fotografischer Arbeit: Es beginnt mit einem Zufall – sie findet ein Wildtier – und so kommt sie in Kontakt mit der Auffangstation in der Nähe von Seattle, wo sie lebt. Es gibt eine Verbindung zu ihren Kindheitserfahrungen mit Tieren, die in der Familie gepflegt wurden. Sie meldet sich spontan als Freiwillige und fährt viele Jahre lang regelmäßig zum Sarvey Wildlife Rehabilitation Center. Die Arbeit an „Finding Trust“ hilft ihr in schwierigen Lebensphasen. Und das Projekt macht sie schlussendlich international bekannt.

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Über Weihnachten erreichte mich unter anderen eine Email aus Spanien von einem Theologen zum Thema Fotoprojekt. Er schrieb, er sähe einen engen Zusammenhang zwischen Spiritualität und Fotografie. Den sehe ich gelegentlich auch, vor allem bei „Finding Trust“, wo es um das Leben, Überleben und Sterben von Tieren geht. Es berührt nicht nur das, was man auf den Fotos sieht, sondern vor allem die emotionale Kraft, mit der sie entstanden sind. Diese Wirkung stellt sich bei der Betrachtung der Motive im Buch noch viel mehr ein als in der Ansicht online.

Das mir seit 2010 am besten in Erinnerung gebliebene Foto ist das von Fawn, dem Bambi vom Buchcover, wie es von innen nach außen in den Frühling guckt* – ein Symbolbild par excellence, das eben auch nur entstehen kann, wenn man über lange Zeit anwesend ist und sich innerhalb der normalen Fluchtdistanz von Tieren aufhalten kann. Das Foto von Fawn wirkt stilistisch durchaus anders als „Cottontail going to Heaven“, wobei das in den Himmel geschickte Waldkaninchen tatsächlich aussieht als würde es ins All reisen. Es ist nicht der fotografische Stil, der das Buch zusammenhält. Die in jedem Bild spürbare Empathie der Fotografin hebt es heraus aus der Flut an Fotobuchproduktionen.

Apropos Produktion: Es gibt im Buch einen wunderbaren Text der Fotografin, der jedoch nicht ins Deutsche übersetzt wurde, und der noch dazu extrem leseunfreundlich in einer weißen Achtpunktschrift auf hellblauen Grund gesetzt wurde. Das mag ja grafisch nett aussehen, ist aber ziemlich respektlos gegenüber den Autoren und eine arge Zumutung gegenüber jedem ernsthaft an Musselmans Projekt Interessiertem. Und das sind viele, wenn man zum Maßstab nimmt, wieviele Spender sie auf Ihrer Website aufführt.

*Leider wurden nur die hier gezeigten Motive als Pressefotos freigegeben.

Annie Marie Musselman: „Finding Trust“, Festeinband 28 x 21,2 cm, 112 Seiten, 65 Farbabb., Englisch,  35 Euro.
ISBN 978-3-86828-419-5

Eine Antwort

  1. Wow. Das Bild mit dem jungen Reh und der farbigen Wand lässt mich einfach nicht los. Man muss es immer und immer wieder anschauen. Tolles Bild. Lg Sari