Sie werden die Abbildung oben möglicherweise schon einmal auf meiner Beratungs-Webseite gesehen haben. Eine Zeitlang hingen diese Schwarzweiß-Fotos in meinem Eingangsbereich, scherzhaft das Wartezimmer genannt. Entsprechend hatte ich Arbeiten ausgesucht, auf denen Personen „abhängen“, wie es derzeit und durchaus zu den körperlichen Haltungen passend, heißt. Mir fiel irgendwann einmal auf, dass ich dieses Motiv des Rumsitzens häufiger habe. Ein Grund liegt darin, dass ich selbst am liebsten Menschen fotografiere, und die möglichst entspannt. Die beiden rechten Motive sind denn auch von mir; mutig kombiniert mit einem Motiv des legendären New Yorker Fotografen Larry Fink aus seiner Serie über Boxer.
Wahrscheinlich habe ich da wieder ein Nebenwerk erwischt (ich durfte es aussuchen), denn in dem Buch „Navigo nennt sich der Bildautor und fotografiert nicht einmal mehr, sondern malt. Was übrigens ein Verlust für die Fotografie ist.
Anscheinend habe ich mehr Fotos von Mädchen als ich dachte. Dieses Motiv aus den Achtzigerjahren eignet sich für einen Vergleich mit „Katharina“ von Beth Yarnelle Edwards, das ich weiter unten besprach. Auch hier die Blessuren an den Beinen. Das Eis und die Zuckerketten sind Trostpflaster für das Training, das ein Zirkuskind von klein auf absolvieren muss, die verdrehte Position und der Blick haben etwas sehr Introvertiertes. Schön auf der formalen Ebene sind die diagonalen Linien durch Stuhl und Bein. Es ist ein wirklich reichhaltiges Motiv, das so eben nur entsteht, wenn der Fotograf oder die Fotografin sich über einen langen Zeitraum mit einer Thematik und/oder einem Ort der Handlung befasst. Gleiches gilt auch für die ebenfalls aus den Achtzigern stammende Arbeit des britischen Fotografen David Townend über Public Schools.
Public Schools war der erste Bildband, den ich fertig editiert und gelayoutet hatte und der dann aufgrund einer Verlegerentscheidung nicht erschien. In diesem Fall war das besonders bitter. Normalerweise ändert die Publikation eines Buches nicht viel für einen Fotografen und das hätte es damals vielleicht auch nicht, weil die Zeit für Autorenfotografen nicht reif war. Aber es wäre möglich gewesen und wir werden es nie erfahren. Wohl aber wissen wir, was aus dem Fotografen wurde. Der hat sich nämlich erst vor einigen Tagen bei mir gemeldet. So gibt es nun die Chance, dass ich David Townend bald als Fotograf des Monats mit seiner aktuellen freien Arbeit vorstellen kann.